Jahrbuch Ethik in der Klinik 2018

Jahrbuch Ethik in der Klinik 2018
Jahrbuch Ethik in der Klinik 2018

Wagner, S. (2018): Big Data, moderne Datenverarbeitungsprozesse und klinisches Handeln: Be- oder Entschleunigung?


in: Frewer, A./Bergemann, L./Hack, C. (Hrsg.):
Entschleunigung als Therapie? Zeit für Achtsamkeit in der Medizin,
Jahrbuch Ethik in der Klinik (JEK),
Yearbook Ethics in Clinics,
Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg,
S. 139-162.

ISBN: 978-3-8260-6647-4

Buch beim Verlag


„[…] Unsere Gesellschaft hat sich von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft und mittlerweile bereits zu einer Informationsgesellschaft weiterentwickelt. Die Digitalisierung, die dies ermöglicht, beeinflusst entsprechend eine Vielzahl an Bereichen: u.a. Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen. Experten sind sich darüber einig:
‚Sie hat das Potenzial, die Effizienz und Transparenz im Gesundheitswesen zu steigern und die Versorgung der Versicherten zu verbessern, aber das deutsche Gesundheitswesen droht die Digitalisierung zu verschlafen.‘
Offensichtlich wird dies, wenn man den ‚Wirtschaftsindex Digital 2016′ betrachtet, in dem das Gesundheitswesen nur einen niedrigen Index ’36‘ von maximal ‚100‘ aufweist. Die aktuell umgesetzte Digitalisierung des Gesundheitswesens gilt somit noch als völlig unbefriedigend aus Sicht der Betroffenen – Patienten und Ärzte – hinsichtlich ihrer Fortschritte, praktischen Umsetzung sowie der damit eng verbundenen Datenschutzpolitik.

Unbefriedigend daran ist insbesondere, dass die bisher schwach ausgeprägte Vernetzung der Leistungserbringer untereinander und über die Sektorengrenzen hinweg für eine Verbesserung der Versorgung und die Forschung hinderlich ist. Der Ausbau von IT-Technologien, wie zum Beispiel im Rahmen der Elektronischen Gesundheitskarte und der damit verknüpften Telematikinfrastruktur oder zur digitalen Kommunikation zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern, und eine leistungsfähige Infrastruktur könnten die Effizienz von Prävention, Diagnostik und Therapie maßgeblich verbessern sowie darüber hinaus eine kostengünstige Versorgung im Interesse der Gesellschaft insgesamt sicherstellen.

Big Data ist dennoch trotz des erheblichen Nachholbedarfes gerade im Begriff, alle Gebiete der Medizin nachhaltig und tiefgreifend zu verändern, auch wenn die Entwicklungen noch am Anfang stehen: Besonders Forschung, Diagnostik und Therapie im Sinne einer personalisierten Medizin und optimierten Arzneimitteltherapiesicherheit sind hiervon betroffen. Digitalisierung und Big Data fungieren als wichtige Treiber für ein Patienten- und Outcome-orientiertes Gesundheitswesen und lassen sich nicht mehr aufhalten. Vielmehr gilt es daher, dass Ärzte sich in diese Entwicklung mit ihrer medizinischen Expertise einbringen, um sie aktiv mitzugestalten und im Interesse der Patienten positiv zu beeinflussen. Ohne eine ärztliche Beteiligung kann keine fokussierte wie auch zielgruppengerechte Auswahl, Konzeption und Implementation von klinischen Anwendungsszenarien digitaler Informationstechnologien erfolgen. IT-Kompetenz für sich genommen ist hier nicht ausreichend.

Big Data lässt sich in diesem Kontext prägnant folgendermaßen definieren:
Big Data ist der Umgang mit großen Datenmengen, der darauf abzielt, Muster zu er-kennen und daraus Einsichten zu gewinnen, und der hierzu angesichts der Fülle und Vielfalt der Daten sowie der Geschwindigkeit, mit der sie erfasst, analysiert und neu verknüpft werden, innovative, kontinuierlich weiterentwickelte informationstechnologische Ansätze nutzt.

[…]“ (S. 139-140)



JEK 2018 Inhalt
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